Bericht vom 11. AK Kommunale Baumpflege Rhein Main

Bericht vom 11. Arbeitskreis Kommunale Baumpflege Rhein Main am 30.09.2010 in Bad Nauheim

Am 30. September 2010 fand in der Landesgartenschaustadt Bad Nauheim der 11. Arbeitskreis Kommunale Baumpflege Rhein Main statt. Der AK Kommunale Baumpflege Rhein Main ist eine Kommunikationsplattform für kommunale Bedienstete im Großraum Rhein-Main, die in ihrer Stadt das Baummanagement organisieren. Mit 50 Teilnehmern war das Treffen, wie bereits in den Vorjahren, wieder ausgebucht.
img_0035_exposure.jpgBürgermeister Bernd Witzel begrüßte die Teilnehmer in Bad Nauheim. Die Kurstadt mit 31.000 Einwohnern liegt im Herzen des Wetteraukreises und ihre Bedeutung als Kurstadt ist in den Solequellen begründet. Ihre Nutzung lässt sich bis in das 5. vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgen. Heute machen Bad Nauheim neue, ganzheitliche Untersuchungsmethoden und Angebote der Prävention in 14 Kliniken weit über Hessen hinaus bekannt.Witzel betonte, dass das Öffentliche Grün ein sensibler und sehr öffentlichkeitswirksamer Bereich sei. Er selbst habe als Bürgermeister über Jahre erfahren, „ dass jeder, der zu Hause zwei vertrocknete Geranien vor der Türe stehen hat plötzlich Fachmann ist“, wenn es um Bäume in der Stadt gehe. „Jeder will mitreden, das macht die fachliche Arbeit manchmal sehr schwierig.“ Entsprechend wichtig sei ein gutes Fachwissen der Mitarbeiter und der Austausch der Kommunen untereinander, der sicher noch intensiviert werden könnte. Bei der Frage, ob er die Landesgartenschau, wenn er es mit den gemachten Erfahrungen noch einmal zu entscheiden hätte, wieder bejahen würde, ließ er keinen Zweifel aufkommen: „Auf jeden Fall!“ würde er sich wieder dafür einsetzen.
Hans-Martin Hermann, Fachdienstleiter Grünflächen der Stadt Bad Nauheim und Frank Ludwig, Fachdienstleiter der Kur- und Servicebetriebe Bad Nauheim stellten im Anschluss kurz ihre Aufgabengebiete vor. Die 31 000 Einwohner- Stadt hat mit 60 ha Park- und Grünflächen und 11.500 kartierten Bäumen einen verhältnismäßig hohen Bestand an Grünflächen und Bäumen. In der Pflege befinden sich neben öffentlichen Grünflächen und dem Kurpark auch Objekt- und Straßenbegleitgrün, Sportplätze, 13 Kindertagesstätten und 28 Kinderspielplätze.Anschließend berichtete Baumsachverständiger Matthias Zorn aus Usingen/Taunus über Aktuelles aus der Baumkontrolle. Zunächst propagierte er das Modell der optimierten Kronenformen. Er zeigte auf, dass an Bäumen mit aus der Krone heraus ragenden Kronenteilen grundsätzlich Probleme vorprogrammiert sind. Als Lösung schlug er vor, Asteinkürzungen rechtzeitig vorzunehmen. Weiterhin berichtete er über steigende Jahreszuwachsraten von Fäulepilzen in Bäumen im Rhein Main – Gebiet. Invasive Untersuchungen an Bäumen haben gezeigt, dass in den letzten Jahren Zuwächse von zwei bis drei Zentimeter pro Jahr zu verzeichnen waren. „Vor einigen Jahren waren das im Mittel nur zirka ein Zentimeter pro Jahr“ konstatierte Zorn. Über Ursachen könne indes bisher nur spekuliert werden.Ein weiteres Thema war der Fremdbewuchs an Bäumen. Und hier im Besonderen der Efeu. Der Efeu schädige zwar den Baum nicht direkt, trotzdem könne er einen Baum als Licht- und Nahrungskonkurrent auf Dauer schwächen. So zum Beispiel in extremen Hitzephasen. „Da können dann schon mal ein paar Liter Wasser durch den dicken Efeustamm durchlaufen, das dem Baum dann einfach fehlt.“ so Zorn. Außerdem verwies er auf das Problem der Baumkontrolle: „Ein vollständig mit Efeu bewachsener Stammanlauf kann nicht kontrolliert werden. Es ist keine Aussage möglich.img_0038_exposure.JPGDanach referierte Joachim Schnabel, Sachverständiger für Pflanzenschutz, über aktuelle Entwicklungen aus dem Gebiet des Pflanzenschutzes. Zunächst berichtete er über Neues bei der Roßkastanienminiermotte. Diese habe in diesem Jahr in Freiburg zum ersten Mal eine dritte Generation ausgebildet. Ornithologen beobachten eine Nahrungsumstellung vor allem bei Kohl- und Blaumeisen sowie bei Rotkehlchen in den Städten. Nach Schätzungen würden bis zu 500 Larven am Tag von einem Vogel verzehrt. Der Eichenprozessionsspinner ist weiter auf dem Vormarsch. In Hessen sind ausschließlich Bacillus thuringiensis- und Neem- Präparate zugelassen. „In Bayern darf leider auch Dimilin eingesetzt werden“, erläuterte Schnabel, und verwies auf die breite Palette der Nebenwirkungen von Dimilin.Weiterhin berichtete er von sich neu etablierenden Schadinsekten, allen voran die aus Amerika eingewanderte Kirschfruchtfliege und die Walnussfruchtfliege, die so manchem Kleingärtner den Sommer verdorben hätten. Mit ihnen ist leider auch in den kommenden Jahren verstärkt zu rechnen.Die Extremwetterperioden im Sommer 2010 haben, so Schnabel, auch Schädlingspopulationen begünstigt: So habe die extreme Hitzeperiode beispielsweise für eine starke Eichensplintkäferpopulation gesorgt und der überaus nasse August habe einen starken Befall durch Welkepilze wie den falschen Mehltau,Verticillium,Monilia oder auch Blattschorf verursacht.
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Klaus Körber von der Bayrischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, Veitshöchheim (LVG), knüpfte in seinem Referat an die Problematik der Klimaveränderungen an und machte sich Gedanken zur Baumartenverwendung in der Stadt in Zeiten des Klimawandels. Körber führte aus, dass der Klimawandel dazu führt, dass einige bislang gängige Stadtbaumarten zunehmend von Krankheiten und Schädlingen befallen werden und deshalb keine Verwendung mehr finden werden.
In diesem Zusammenhang berichtete er vom gestarteten Projekt „Stadtgrün 2021“ der LVG (siehe Bericht in Baumzeitung 2/2010) und stellte einige vielversprechenden Arten vor.Abschließend betonte Körber noch einmal die Schnelllebigkeit unserer Zeit im Bereich der Baumartenwahl: „Alle gemachten Aussagen gelten nur für den heutigen Tag. Bereits Morgen kann schon wieder ein neuer Erreger auftauchen, der in Windeseile eine Baumart dahinrafft und neue Lösungen verlangt.

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Landschaftsarchitekt Sylvio Jäckel, Obernburg / Stadt Dreieich, beendete schließlich den Vortragsreigen mit einem Referat zum Thema „Schäden durch Bäume – Wann zahlt die Kommunalversicherung?“. Jäckel zeigte anhand von Fällen aus der Praxis auf, welche Schäden durch Bäume entstehen können und in welchen Fällen die Kommunalversicherung haftet.Die Veranstaltung schloss mit einem Besuch der Landesgartenschau Bad Nauheim (LaGa) unter Führung des LaGa-Geschäftsführersimg_0061_exposure.JPGHartmut Kind. Kind zeigte sich ob der Tatsache, dass zwei Wochen vor Beendigung der Schau die 500.000 ste Besucherin begrüßt werden konnte zufrieden und erleichtert. Damit wurde das anvisierte Ziel erreicht (Anm.: Die LaGa zählte am Ende 521.511 Besucher). Er berichtete von planerischen und organisatorischen Schwierigkeiten vor und während der Schau. So konnte beispielsweise das große Ponton am See aufgrund langwieriger Genehmigungsverfahren erst einen Tag vor Beginn der Schau fertig gestellt werden. Ein Sturmtief hatte außerdem im Frühjahr 25 Großbäume im Goldsteinpark „gefällt“. Kind unterstrich dabei, wie wichtig eine schnelle und gute Zusammenarbeit zwischen Betreibergesellschaft und Stadt ist.

Der 11. AK Kommunale Baumpflege Rhein Main wartete wieder mit spannenden und aktuellen Referaten zum Thema Baummanagement auf und auch die Pausen wurden zum Austausch gut genutzt. Die große Nachfrage am Arbeitskreis zeigt auf, dass das Baummanagement in den Städten eine wichtige Rolle spielt und ein fachlicher Austausch notwendig und gewünscht ist. Trotz der hohen Nachfrage hat sich der Arbeitskreis darauf verständigt, den Teilnehmerkreis nicht weiter zu erhöhen und auch in den kommenden Jahren die Obergrenze bei 50 Teilnehmern zu belassen, um einen Austausch noch zu ermöglichen.Für den Arbeitskreis 2011 haben sich die Städte Bensheim und Rodgau beworben.

Sylvio Jäckel

ak-grun-2010-8.jpg Foto: Sylvio Jäckel

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